5. Wie die Alpenflora entstanden ist
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Lange Zeit blieb unerklärbar, warum AlpenpfIanzen-Arten einerseits über weite Gebiete und Gebirge verstreut, andrerseits aber auch nur auf engstem Raum leben. Unerklärbar blieb auch lange, wie diese Alpenpflanzen die wiederholten Eiszeiten und die dazwischenliegenden Warmphasen überleben konnten. Und welchen Einfluss diese Klimawechsel auf die Zahl der Arten hatte. Man hatte festgestellt, dass verschiedene Alpenblumen zwar in räumlich getrennten Gebirgen vorkamen, unterschiedliche Namen tragen und trotzdem gemeinsame Vorfahren zu haben schienen. Je nach Boden, Kalk oder Silikatgestein fand man sogar unterschiedliche Arten gleicher Vorfahren. Pflanzen pflanzen sich durch Samenflug, Übertragung von Samen durch Insekten und durch ihr Wurzelwerk fort. Damit sind neue Lebensräume über grosse Distanzen dort möglich, wo die Lebensbedingungen günstig sind. In Klima-Kaltphasen wurden die hohen Lagen pflanzenfeindlich. In Warmphasen umgekehrt eroberten sich die Pflanzen rasch die von Eis und Schnee befreiten Standorte zurück. Vorausgesetzt, die Humusbildung kam in Gang. |
Vor 100 Millionen Jahren sind die Alpen entstanden. Damals hingen die Kontinente noch in einem riesigen Urkontinent zusammen. Erst später begannen sie sich voneinander zu lösen. Mächtige Erddrucke haben die obersten Erdkrusten verschoben. Insbesondere ist der afrikanische Kontinent gegen den europäischen gedriftet und hat den Alpenbogen aufgefaltet. Solche Auffaltungen fanden in verschiedenen Epochen statt. Zuletzt vor 2 bis 5 Millionen Jahren, in welcher Zeit die Alpen ihr heutiges Aussehen erhalten haben. Die Alpenpflanzen haben sich aus einer einheitlichen Vegetation bei diesen Hebungen gebildet und in breiter Artenvielfalt entwickelt. Darum sind die Alpenpflanzen von räumlich getrennten Gebirgen (Alpen, Karpaten, Himalaja etc.) ähnlich. In den Eiszeiten der letzten zwei Mio. Jahre sind kaum neue Arten entstanden. Im Gegenteil wurde die alte Pflanzenwelt weitestgehend zerstört, lediglich die widerstandsfähigsten Pflanzen konnten in Refugien, die aus den Eismassen ragten, überleben. Das Monte-Rosa-Massiv war ein solches bedeutendes Refugium. |
Es gibt aber auch Alpenpflanzen, die nur an eng begrenztem Standort vorkommen. Sie sind allerdings in den ehedem stark eisbelasteten Zonen der Zentralalpen seltener als in den Süd und Ostalpen. Eine solche sog. «endemische Pflanze», die nur im Raum der Mischabel- und der Monte-Rosa-Gruppe vorkommt, ist die Ausgeschnittene Glockenblume. Sie siedelt auf dem Kreuzboden. Meist haben endemische Pflanzen zahlreiche abweichende Vertreter im ganzen Alpenraum. Südliche Gebirgszüge und die Walliser Alpen weisen mehr solcher Arten auf, weil diese während der Eiszeit sich in grösseren Refugien und bei milderem Klima besser entwickeln konnten. In den Vispertälern gibt es viel Sonne und besonders nährstoffreiche Böden, was die Pflanzenvielfalt fördert. |
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